Johann Friedrich Böttger
(* 4. Februar 1682 in Schleiz; † 13. März 1719 in Dresden)
Erfinder des Porzellans?
Fast 300 Jahre lang ist die Frage offen geblieben: Wer ist der wahre Erfinder des europäischen Porzellans? Dieses wertvolle Material, auch als „weißes Gold“ bekannt, wurde im frühen 18. Jahrhundert in Sachsen entdeckt. Die Hauptakteure dieser Erfindung waren Ehrenfried Walther von Tschirnhaus und Johann Friedrich Böttger, die in enger Zusammenarbeit das europäische Porzellan zur Realität machten. Ihre Experimente und der technische Durchbruch gelten als Meilenstein der europäischen Handwerkskunst.
Die Anfänge: Ehrenfried Walther von Tschirnhaus und seine Forschungen
Bereits ab 1693/94 führte von Tschirnhaus, der oft als „geistiger Vater des europäischen Porzellans” bezeichnet wird, intensive Forschungen durch, um die Geheimnisse dieses hochwertigen Materials zu entschlüsseln. Neben seinen mathematischen und physikalischen Studien beschäftigte er sich vor allem mit mineralogischen Experimenten, um die Zusammensetzung eines Materials zu finden, das stark und gleichzeitig lichtdurchlässig ist. Mit großer Hartnäckigkeit verfolgte von Tschirnhaus seine Studien, indem er verschiedenste Rohstoffe testete, doch die ideale Zusammensetzung blieb zunächst unentdeckt.
Johann Friedrich Böttger: Alchemist auf dem Weg zum „Weißen Gold“
Johann Friedrich Böttger, ursprünglich ein Alchemist und Apothekergehilfe, wurde wegen seiner angeblichen Fähigkeit, Gold herzustellen, vom sächsischen Kurfürsten gefangen genommen. Ab 1701 konzentrierte sich Böttger unter Kurfürst August dem Starken zunächst auf die Herstellung von Gold. Doch bald darauf wechselte sein Interesse zu den Experimenten rund um die Herstellung des weißen Porzellans. Durch seine chemischen Kenntnisse und den Zugang zu von Tschirnhaus’ Forschungsergebnissen fand er nach und nach den Schlüssel zur Porzellanherstellung.
Die Zusammenarbeit von Tschirnhaus und Böttger
Im Jahr 1704 begannen Tschirnhaus und Böttger, eng zusammenzuarbeiten. Ihre Bemühungen führten 1707 zum ersten großen Erfolg: Sie entwickelten das sogenannte „Böttger-Steinzeug“, ein rotes Steinzeug, das als robuster Vorläufer des Porzellans gilt. Böttger führte akribische Laborprotokolle, in denen er alle Schritte der Versuche festhielt. Die Chemikalien, Temperaturen und Mischverhältnisse, die verwendet wurden, brachten ihn schließlich auf die entscheidende Entdeckung.
Der Durchbruch: Der erste Brand des weißen Porzellans
Am 15. Januar 1708 war es schließlich soweit: Es gelang der erste erfolgreiche Brand von weißem Porzellan. Dies war ein bahnbrechender Moment, doch Ehrenfried Walther von Tschirnhaus konnte diesen Triumph nicht mehr erleben, da er wenige Monate zuvor, am 11. Oktober 1708, verstarb. Damit blieb es Böttger überlassen, das Werk fortzuführen und den Entdeckungsprozess abzuschließen.
Böttgers Memorandum und die offizielle Bekanntgabe
Am 28. März 1709 verfasste Böttger ein Memorandum an Kurfürst August den Starken, in dem er die Herstellung des weißen Porzellans sowie weitere seiner Erfindungen dokumentierte. Diese Niederschrift stellt einen bedeutenden Meilenstein dar, da sie die frühe Phase der europäischen Porzellanproduktion belegt. Am 23. Januar des darauffolgenden Jahres erfolgte die offizielle Bekanntgabe der Porzellanerfindung durch den Kurfürsten.
Die Gründung der Porzellanmanufaktur Meißen
Im Jahr 1710 gründete August der Starke die erste europäische Porzellanmanufaktur in Meißen, die bis heute als Synonym für exzellente Porzellanqualität gilt. Diese Manufaktur legte den Grundstein für die europäische Porzellanproduktion, und das Meißen-Porzellan erlangte bald weltweit Ruhm.
Legende oder Wahrheit? Die Rolle Böttgers als „Erfinder des weißen Goldes“
Bis heute bleibt die Frage umstritten, wer tatsächlich das europäische Porzellan erfunden hat. Ehrenfried Walther von Tschirnhaus legte den wissenschaftlichen Grundstein und war maßgeblich an der Erforschung beteiligt, während Johann Friedrich Böttger letztlich die Porzellanherstellung zur Vollendung brachte. Auch wenn die genauen Details der Erfindung nicht eindeutig geklärt sind, gilt Böttger als „Erfinder des weißen Goldes“, und seine Arbeit bildet die Grundlage der modernen Porzellanindustrie.
Die gemeinsame Leistung von Tschirnhaus und Böttger bleibt ein faszinierendes Beispiel für die wissenschaftlichen Durchbrüche der frühen Neuzeit. Heute erinnert uns das Porzellan nicht nur an die Schönheit und den Wert des Materials, sondern auch an die Pionierarbeit dieser beiden Gelehrten, die die Grundlage für eine europäische Erfolgsgeschichte schufen.