Holzkunst im Riesenformat

Die große Stufenpyramide zählt zu den Wahrzeichen des Dresdner Striezelmarktes. Zu ihren Ehren wird alljährlich das Pyramidenfest veranstaltet.

Weithin sichtbar überragt die Pyramide das Getümmel auf dem Altmarkt. Mit ihren 14,62 Metern ist sie im Guinness-Buch der Rekorde als weltgrößte erzgebirgische Stufenpyramide verzeichnet. Und sie ist eine echte Attraktion – nicht nur wegen der Größe. Gekrönt von einem riesigen Flügelrad drehen 43 Figuren auf sechs Etagen ihre Runden.

Seit 1997 zieht das Kunstwerk die Besucher des Weihnachtsmarktes in seinen Bann. Angefertigt hat es die Firma Erzgebirgische Holzkunst Gahlenz im Auftrag der Striezelmarkthändler, die dafür die nötigen Mittel durch Spenden auftrieben. Die Figuren gehen sowohl auf erzgebirgische Traditionen als auch auf typisch Dresdner Überlieferungen und Bräuche zurück.

Die untere Etage ist der Weihnachtsgeschichte gewidmet. Auf der zweiten Plattform sind typisch Dresdner Gestalten wie Striezelkinder, Pflaumentoffel oder Stollenbäcker zu sehen. Darüber drehen sich Nussknacker, Lichterengel und Bergmann als traditionell erzgebirgische Weihnachtsfiguren. Die drei oberen Etagen sind mit einem Bergmannsaufzug, Kurrendesängern sowie Fanfarenengeln besetzt.

„Alle diese Figuren gab es bereits als kleine erzgebirgische Weihnachtsfiguren“, sagt Gundolf Berger, Geschäftsführer der Holzkunst Gahlenz. „Wir haben sie nach dem Design verschiedener Hersteller mit deren Genehmigung im Großformat nachgebaut.“ So gehen die Striezelkinder zurück auf den Entwurf von Max Schanz, dem langjährigem Direktor der Seiffener Fachschule für Holzspielzeug und Holzgestaltung. Er schuf sie Anfang der 1930er Jahre nach Motiven eines Holzschnittes von Ludwig Richter.

Aufbau mit Kran

Sobald Anfang November der Weihnachtsbaum steht, beginnt der Aufbau der Pyramide. Um die schweren Teile zu heben, stehen den Monteuren der Herstellerfirma auf dem Altmarkt Kran, Hubbühne und Gabelstapler zur Verfügung. Doch zuvor muss der Transport per Lastzug und großem PKW-Anhänger organisiert werden. Wegen der Überbreite ist für die Fahrt nach Dresden eine Sondergenehmigung erforderlich, die nur in den Morgenstunden bis 6 Uhr früh gilt.

Für den sicheren Stand sorgt ein kompaktes Stahlgestell. „Das kam dieses Jahr ausnahmsweise direkt aus der Metallwerkstatt“, erklärt Gundolf Berger. „Um das Grundgestell den geltenden EU-Normen anzupassen, musste es umgebaut und sein Gewicht verdoppelt werden.“ Nachdem die Basis steht, nehmen die Figuren ihren Platz ein und die Pyramide wächst Etage für Etage in die Höhe. Sorgfältig befestigen die Arbeiter jedes Teil und ziehen jede einzelne Schraube und Mutter nach. „Bei dieser Größe muss alles stimmen und einer sich auf dem anderen verlassen können“, so der Geschäftsführer. Wenn endlich die sechste Etage samt Flügelrad am Kran hängt, ist es fast geschafft. Dann fehlt nur noch das Geländer am Fuße des Kunstwerks, das Fans ein wenig auf Abstand hält.

Eintrag ins Guinness-Buch

Schon bei der Planung der großen Pyramide hatten Händlerverein und Herstellerfirma einen Weltrekord im Sinn. Doch bei einem solchen Holzbauwerk ist vieles zu beachten, vor allem die Statik. „Die knapp 15 Meter waren damals das Größte, was wir uns zugetraut haben“, erinnert sich Berger. „Natürlich hatten wir schon einzelne, größere Figuren hergestellt, aber für die Pyramide dürfen sie nicht zu schwer sein, damit die Drehteller die Last tragen können.“ Seiner Firma ist es gelungen, das Kunstwerk fast komplett aus Holz zu fertigen – bis auf Grundgestell und Welle, die aus Stahl bestehen. Außerdem wurde die Flügelradnabe mit Stahlplatten verstärkt, um sicher zu gehen, dass sie den Windkräften standhält. Als Material diente Fichtenholz, das später auch beim großen Schwibbogen und der Weihnachtskrippe zum Einsatz kam.

Seit 1999 ist die Striezelmarktattraktion bei Guinness World Records zu finden, die Größe amtlich vermessen und offiziell beglaubigt. Wenige Jahre später schaffte es die Erzgebirgische Holzkunst Gahlenz mit dem 7,14 Meter hohen Riesennussknacker ein zweites Mal ins Buch der Rekorde.

Gute Pflege

Das Traditionsunternehmen in Gahlenz produziert seit über 100 Jahren Holzwaren. Heute stellen rund 40 Beschäftigte das ganze Jahr über Räuchermänner und Leuchter, Engel und Bergmänner, Bäume und Osterhasen her. Die überwiegend kleinformatigen Figuren entstehen in einer Kombination aus moderner Technik und liebevoller Handarbeit. Aber auch die großen Sonderanfertigungen befinden sich noch immer in der Obhut der Firma. Alljährlich übernehmen die Mitarbeiter den Auf- und Abbau sowie die Pflege der Großkunstwerke.

„Wenn die Figuren sechs Wochen lang Wind und Wetter und Umweltbelastungen ausgesetzt sind, hinterlässt das Spuren“, berichtet Gundolf Berger aus Erfahrung. „Bevor wir sie einlagern, werden sie abgewaschen, getrocknet und mit einer Wachsschicht überzogen. Kleine Beschädigungen bessern wir sofort aus.“ Im Lauf der 19 Jahre erhielten einzelne Figuren und auch das Gestell bereits einen neuen Anstrich. „Für ein Holzbauwerk ist es sehr gut erhalten, aber irgendwann müssen alle Teile gründlich überholt werden.“

Am 10. Dezember wird zu Ehren der Striezelmarktpyramide das Pyramidenfest veranstaltet. Dabei lernen die Besucher die einzelnen Figuren kennen und erfahren viel Wissenswertes über Tradition und Entstehung des weihnachtlichen Lichtergestells. Anschließend beginnt der traditionelle Sangeswettbewerb, zu dem sich junge Talente im Alter zwischen 6 und 16 Jahren im Vorfeld anmelden können. Bei dem musikalischen Wettstreit interpretieren zehn Teilnehmer auf der Bühne ein Weihnachtslied. Den glücklichen Gewinnern winken originale Pyramiden aus dem Erzgebirge.

Die Pyramide in Zahlen

  • Höhe 14,62 m
  • Gesamtgewicht rund 8,5 t
  • Durchmesser Grundgestell 5,50 m
  • Gewicht Metallsockel ca. 5,5 t
  • Durchmesser Flügelrad 3 m
  • 43 Figuren auf sechs Etagen
  • Höhe der unteren Etage ca. 1,85
  • größte Figuren ca. 1,50 m
  • kleine Figuren ca. 90 cm

Fotos: Inge Gerdes

Zurück